Falkensee - Kapitel 40
Die Straßen sind fast leer, nur die Scheinwerfer schneiden helle Streifen durch die Dunkelheit. Es ist kurz nach drei Uhr morgens. Der Himmel ist schwarz, ohne Sterne, und die Welt wirkt wie angehalten.
Elysia schläft auf dem Beifahrersitz. Zusammengekauert unter Kians Hoodie, den er ihr vor der Fahrt über die Schultern gelegt hat. Jeder Atemzug von ihr geht gleichmäßig, weich – eine Ruhe, die sie so dringend gebraucht hat.
Kian fährt seit Stunden. Er hat nicht einmal bemerkt, wie die Zeit vergangen ist. Er blickt kurz zu ihr hinüber. Ihre Haare liegen weich an der Wange. Die letzten Tränenspuren sind kaum noch zu sehen. Sie sieht… friedlich aus. Fast so, als hätte die Welt draußen, die sie gerade hinter sich lassen mussten, nie existiert.
Kian lächelt schwach. Für sie würde er alles tun.
Seine Hände halten das Lenkrad fest, aber in seinem Kopf ist Chaos. Sie haben kein Ziel. Keine Wohnung. Keine festen Pläne. Nur das, was sie tragen.
Ihre Handys liegen ausgeschaltet in der Mittelkonsole – Karten entfernt, SIMs zerstört. Es war der einzige Weg, sofort unterzutauchen. Und Kian weiß, dass dieser Schritt nur der Anfang war.
Er denkt an Hannah und Ben. Daran, wie hart der Abschied war. Wie Ben ihn fest umarmte, obwohl beide versuchten, stark zu wirken. Wie Elysia und Hannah geweint haben.
Er denkt an Brunnental. An Valerian. An den Mann, der nach Elysia gesucht hat.
Ein kalter Stich fährt ihm durch den Rücken, doch er schiebt ihn weg.
Jetzt zählt nur eines: Elysia ist hier. Bei ihm. Lebendig.
Und das soll so bleiben.
Er sieht wieder zu ihr. Wie sie schläft. Wie ihr Gesicht entspannt ist. Wie sie sich unbewusst ein Stück zu ihm hingeneigt hat, als würde sie selbst im Schlaf wissen, dass er sie schützt.
Ein warmes Gefühl breitet sich in seiner Brust aus. Er liebt sie.
Er hat es schon lange gewusst. Schon an dem als er sie das erste Mal gesehen hat, als sie sich nach Monaten wieder gegenüberstanden.
Aber jetzt… Jetzt weiß er es mit einer Klarheit, die ihm fast Angst macht: „Ich will mein Leben mit dir verbringen“, denkt er. Mit ihr fängt für ihn der Sinn des Wortes Zukunft erst an.
Er weiß, dass der Weg schwer werden wird. Dass Angst bleibt. Dass es Nächte geben wird, in denen sie nicht schlafen kann. Dass sie alles neu aufbauen müssen. Von ganz unten.
Aber er weiß auch: Es gibt keinen anderen Menschen, mit dem er diesen Schritt gehen würde. Und genau deshalb wird es funktionieren.
Während der Wagen über die leere Autobahn gleitet, trifft er eine Entscheidung. Nicht laut. Nicht ausgesprochen. Nur in seinem Herzen:
Er wird sie beschützen. Er wird ihr ein Zuhause geben – egal, wo das sein wird. Und er wird mit ihr zusammen ein Leben aufbauen, das Valerian niemals zerstören kann.
Er sieht wieder zu ihr. Elysia murmelt leise im Schlaf, ihre Stirn glättet sich.
Kian lächelt. „Wir schaffen das“, flüstert er kaum hörbar, obwohl sie es nicht hört. Doch irgendwie scheint es, als spüre sie es dennoch. Sie atmet tief durch und entspannt sich weiter.
Kian richtet den Blick wieder auf die Straße. Noch ist die Nacht lang. Noch wissen sie nicht, wohin sie fahren.
Aber eines weiß er sicher: Diese Nacht ist der Anfang eines neuen Lebens. Und er wird alles tun, damit dieses Leben ein gutes wird.
Ein kalter Wind pfeift durch die Straße, und der frühe Morgenhimmel liegt bleigrau über Brunnental.
Der Mann steht vor dem Wohnblock, die Hände tief in den Taschen seines schwarzen Mantels vergraben.
Er hat die Adresse, die er braucht. Und er weiß, dass er nicht viel Zeit hat.
Mit einem letzten prüfenden Blick – ruhig, kalkulierend – verschwindet er im Eingang.
Im ersten Stock öffnet sich leise eine Wohnungstür. Herr Wilczek, ein älterer Mann mit scharfem Blick, der schon seit Jahren in diesem Haus lebt, späht heraus. Er hat die schweren Schritte gehört.
Sein Instinkt sagt ihm sofort: Da stimmt etwas nicht. Er erkennt den Fremden nicht. Der Mann passt nicht zu dieser Gegend. Nicht zu diesem Haus. Nicht zur frühen Stunde.
Herr Wilczek bleibt im Schatten stehen. So still, dass der Mann ihn nicht bemerkt.
Als der Fremde vor Elysias Wohnung verschwindet, greift Wilczek lautlos nach seinem Handy. Mit geübter Ruhe wählt er die Nummer der Polizei.
„Hier stimmt etwas nicht“, flüstert er. „Ein Fremder ist gerade in die Wohnung eingedrungen. Ja… ich bleibe in der Leitung. Nein, er hat mich nicht bemerkt.“
Seine Stimme bleibt gefasst. Er kennt Ärger, wenn er ihn sieht.
Der namenlose Mann bewegt sich durch Elysias Räume wie ein Schatten. Seine Schritte sind leise, kontrolliert, ohne Hast.
Er sieht zuerst das Wohnzimmer. Unordnung. Nicht chaotisch – lebendig.
Zwei Gläser auf dem Couchtisch. Eines mit noch einem Fingerbreit Wasser. Eine Decke ist achtlos auf der Couch zurückgelassen. Ein Zeichen dafür, dass jemand zuletzt in Eile war.
Er geht weiter in die Küche.
Der Geschirrspüler leuchtet rot. Das Zeichen, dass das Programm beendet ist.
Der Mann bleibt stehen. Beugt sich leicht vor. Jemand ist kürzlich hier gewesen. Sehr kürzlich.
Das Bett ist ungemacht. Die Kissen wild verteilt, als wäre jemand hastig aufgestanden – oder gar nie dazu gekommen, es zu richten.
Eine offene Kommode. Ein Fach leer.
Der Mann zieht die Schlussfolgerung mühelos: Sie sind geflohen. Und es ging schnell.
Im Badezimmer auf dem Heizkörper liegen zwei benutzte Handtücher.
Eine Haarbürste liegt auf dem Waschbeckenrand. Darin einzelne goldbraune Haare. Er nimmt die Bürste nicht hoch. Er braucht sie nicht.
Alles, was er wissen muss, steht bereits fest: Sie sind weg. Und sie waren noch hier… heute.
Sein Blick wird dunkel. Er atmet einmal tief durch – ein kontrolliertes, ruhiges Einatmen. Dann dreht er sich um und verlässt die Wohnung, genauso still, wie er gekommen ist.
Herr Wilczek bleibt hinter der angelehnten Tür stehen, lauscht. Schwere Schritte kommen den Flur entlang.
Der Mann geht. Langsam. Nicht flüchtend.
Als er die Haustür ins Schloss fallen hört, spricht endlich der Polizist am anderen Ende der Leitung: „Unsere Streifen sind fast bei Ihnen. Bleiben Sie bitte in ihrer Wohnung und gehen Sie nicht nach draußen.“
Herr Wilczek nickt, obwohl niemand es sehen kann. „Ich bleibe“, sagt er. „Aber ich sage Ihnen eines...“
Er blickt die Treppe hinunter, dorthin, wo der Mann eben noch verschwunden ist.
Der namenlose Mann tritt aus dem Eingang des Wohnblocks hinaus auf die still daliegende Straße von Brunnental.
Der Morgen ist grau, die Luft kühl – nichts deutet darauf hin, dass gleich etwas passieren wird.
Er atmet tief ein, als wolle er die Spur von Elysias Anwesenheit aus der Wohnung hinter sich lassen.
Dann macht er einen Schritt weiter. Und bleibt abrupt stehen.
Zwei Streifenwagen biegen gleichzeitig in die Straße ein. Blaulicht, aber ohne Sirene – diskret, aber entschlossen.
Die Wagen stoppen direkt vor dem Haus. Zwei Beamte steigen aus dem ersten Wagen, ein dritter aus dem zweiten. Blick scharf, Körperhaltung gespannt.
Der vorderste Polizist sieht den Mann sofort. Die Beschreibung, die der Nachbar durchgegeben hat, ist eindeutig: Groß. Blackout-Kleidung. Vollbart. Rau, unauffällig auffällig.
„Stopp!“, ruft der Beamte laut und klar. „Stehen bleiben! Hände sichtbar!“
Der Mann dreht sich langsam um. Sein Blick bleibt ausdruckslos – kein Schock, keine Überraschung.
Nur eine Sekunde, die zu lange dauert. Dann wendet er sich blitzschnell ab und sprintet los.
Zwei Streifenwagen biegen gleichzeitig in die Straße ein. Blaulicht, aber ohne Sirene – diskret, aber entschlossen.
Die Wagen stoppen direkt vor dem Haus. Zwei Beamte steigen aus dem ersten Wagen, ein dritter aus dem zweiten. Blick scharf, Körperhaltung gespannt.
Der vorderste Polizist sieht den Mann sofort. Die Beschreibung, die der Nachbar durchgegeben hat, ist eindeutig: Groß. Blackout-Kleidung. Vollbart. Rau, unauffällig auffällig.
„Stopp!“, ruft der Beamte laut und klar. „Stehen bleiben! Hände sichtbar!“
Der Mann dreht sich langsam um. Sein Blick bleibt ausdruckslos – kein Schock, keine Überraschung.
Nur eine Sekunde, die zu lange dauert. Dann wendet er sich blitzschnell ab und sprintet los.
Die Beamten reagieren sofort. „Er flieht! Hinterher!“
Stiefel schlagen auf Asphalt. Das Echo hallt zwischen den Häuserwänden wider.
Der Mann rennt in Richtung einer Seitengasse, kraftvoll, schnell – er kennt Flucht. Er ist geübt darin.
Die Beamten sind nur drei Schritte hinter ihm. Einer funkt mit der Schulter:
„Verdächtiger flüchtig, unmittelbare Nähe zum Tatort, Verdacht auf Einbruch – wir verfolgen ihn!“
Der Mann biegt scharf in die nächste Straße ab – und läuft direkt in den dritten Polizisten hinein, der genau diesen Weg blockiert.
Der Zusammenprall wirft ihn aus dem Gleichgewicht. Er stolpert, prallt gegen die Hauswand und versucht sofort erneut loszurennen – doch da sind die anderen Beamten schon da.
„Runter! Keine Bewegung!“
„Hände hinter den Rücken!“
Der Mann wehrt sich nur eine Sekunde, eine kurze, instinktive Bewegung – doch die Beamten sind zu dritt und professionell. In wenigen Augenblicken wird er fixiert, ruhig, kontrolliert. Kein übermäßiger Kraftaufwand – nur entschlossene Routine.
„Sie stehen im Verdacht, in eine Wohnung eingebrochen zu sein“, sagt einer der Polizisten ruhig, während er dem Mann Handschellen anlegt.
Der Mann sagt nichts. Kein Protest. Kein Kommentar. Sein Blick bleibt leer – als hätte er gewusst, dass dieser Moment kommen könnte.
Während die Beamten ihn zum Wagen führen, gehen im Haus die ersten Lichter an. Neugierige Nachbarn lugen durchs Fenster, darunter auch Herr Wilczek.
Er sieht den Mann in Handschellen und seufzt erleichtert. „Ich hab’s gewusst“, murmelt er.
Der Mann dreht den Kopf leicht - ohne Emotion, ohne Erkennen.
Dann wird er in den Streifenwagen gesetzt. Die Tür fällt zu.
Und mit ihr endet seine Freiheit - zumindest für jetzt.
Die Sonne ist bereits aufgegangen und taucht die Straße in ein warmes, Morgenlicht. Kian fährt langsam eine breite Allee entlang, gesäumt von alten Bäumen und kleinen Geschäften, die gerade erst ihre Türen öffnen.
Ein weicher Sonnenstrahl fällt durch das Seitenfenster – genau auf Elysias Gesicht. Sie bewegt sich leicht. Zuckt mit den Augenlidern. Dann öffnet sie langsam die Augen und blinzelt sofort wieder, geblendet von dem Licht, das sich golden über ihre Wangen legt.
„Mmmh…“, murmelt sie verschlafen und hebt eine Hand, um sich die Sonne aus den Augen zu reiben.
Kian lächelt sofort – sein Blick wird weich. „Guten Morgen, Schlafmütze.“
Elysia dreht den Kopf zu ihm, die Haare ein wenig zerzaust, aber wunderschön. Ihr Lächeln kommt langsam, warm, liebevoll. „Guten Morgen…“, haucht sie und setzt sich ein wenig aufrechter hin. Ein leises Gähnen entweicht ihr. „Wie lange hab ich geschlafen?“
Kian grinst. „Fast fünf Stunden.“
Sie blinzelt ihn überrascht an. „Fünf?“
„Ja.“ Er wirft ihr einen kurzen Seitenblick zu, bevor er weiterfährt. „Es ist jetzt…“ Er checkt das Display. „…neun Uhr dreißig.“
Elysia reibt sich die Augen. „War gar nicht meine Absicht, dich die ganze Nacht fahren zu lassen…“
„Ich weiß“, sagt Kian sanft. „Aber du hast es gebraucht.“
Sie sieht ihn an – lange, intensiv, voller Dankbarkeit. Ihre Fingerspitzen berühren kurz seine Hand auf dem Schalthebel.
„Wo sind wir?“, fragt sie leise, während sie aus dem Fenster schaut.
Kian richtet sich ein wenig stolz auf. „Eine kleine Stadt, südlich von allem, was Ärger machen könnte.“ Er deutet auf eine Reihe hübscher Fassaden, Cafés mit Außentischen, ein paar Menschen mit Einkaufskörben.
„Das sieht schön aus. Ruhig…“
„Und sicher“, ergänzt Kian.
Sie lehnt den Kopf kurz an die Kopfstütze, atmet tief durch. „Klingt nach einem guten Ort, um Kaffee zu trinken und zu überlegen, wie es weitergeht.“
Kian nickt. „Genau das dachte ich auch.“
Er fährt den Wagen an den Straßenrand, schaltet den Motor aus und dreht sich leicht zu ihr. „Bereit für den ersten Morgen unseres neuen Lebens?“
Elysias Blick wird weich, ihre Stimme sanft. „Solange du dabei bist… ja.“
Kian nimmt ihre Hand. Drückt sie.
Dann steigen sie aus – in eine fremde Stadt, die sich plötzlich wie ein möglicher Anfang anfühlt.
Kian steigt zuerst aus dem Wagen, streckt sich kurz und schaut in die klare, überraschend milde Luft dieser fremden Stadt.
Elysia steigt auf der anderen Seite aus, zieht die Jacke ein wenig enger um sich – aber selbst der Winter hier wirkt freundlicher als in Brunnental.
„Es ist gar nicht so kalt“, sagt sie leise.
„Nein“, stimmt Kian zu und lächelt, während er das Auto abschließt.
„Vielleicht ein gutes Zeichen.“
Er geht um den Wagen herum, kommt zu ihr – und bevor sie etwas sagen kann, nimmt er ihr Gesicht sanft in beide Hände und küsst sie.
Ein langer, inniger Kuss. Der erste Kuss eines Morgens, der sich anfühlt wie ein Neubeginn. Elysias Hände greifen in seine Jacke, halten ihn fest, als würde sie die Welt für diesen Moment stillhalten wollen.
Als der Kuss sich löst, bleibt ihre Stirn an seiner. Ihr Atem mischt sich mit seinem.
Kians Stimme ist warm und tief, als er flüstert: „Ich liebe dich.“
Elysia schließt die Augen. Es ist kein Schock. Keine Überraschung. Nur eine Wahrheit, die sie schon längst in seinem Blick gesehen hat. Und doch fühlt es sich an, als würde dieser Satz alles in ihr neu ordnen.
Sie legt ihre Arme um ihn, zieht ihn eng an sich. Ihr Herz schlägt ruhig – zum ersten Mal seit Tagen.
„Ich…“ Sie atmet tief ein. „Ich liebe dich auch.“
Kian hält sie noch einen Moment fester, als müsse er sicherstellen, dass sie wirklich hier ist, dass sie bleibt, dass all das real ist. Elysia genießt die Wärme dieser Umarmung, die Sicherheit, die von ihm ausgeht. Und in ihrem Inneren weiß sie: Hier will sie sein. Nirgends sonst.
Nach einem Moment löst er sich leicht von ihr, nimmt ihre Hand. „Komm“, sagt er sanft. „Lass uns einen Kaffee trinken. Und dann… beginnen wir unseren Tag.“
Elysia nickt und lächelt, ein echtes, tiefes Lächeln.
Arm in Arm gehen sie die Straße entlang, vorbei an kleinen Läden, bis zu einem gemütlichen Café mit großen Fenstern und warmem Licht, das schon von außen einlädt. Kian öffnet ihr die Tür, und während sie eintreten, spürt Elysia zum ersten Mal seit langer Zeit:
Das hier könnte ein Anfang sein. Ein guter Anfang.
Das Café ist gemütlich, warm, erfüllt vom Duft frisch gerösteter Bohnen und einem leisen Summen an Gesprächen. Holztische, weiche Stühle, Pflanzen am Fenster. Es fühlt sich nicht fremd an – eher wie ein sicherer Hafen.
Kian und Elysia wählen einen Tisch am Fenster, wo die Sonne in goldenen Streifen über das Holz fällt.
Elysia schiebt ihre Hände um die warme Tasse, die der Kellner ihnen gerade gebracht hat. Kian nimmt einen Schluck von seinem Kaffee, beobachtet sie einen Moment mit diesem weichen, liebevollen Blick, den sie inzwischen kennt – und der ihr Herz trotzdem jedes Mal schneller schlagen lässt.
„Also…“, beginnt er leise, „wir sollten über ein paar Dinge reden.“
Elysia nickt, atmet tief ein. „Ich weiß.“
„Das Erste, was wir machen“, sagt Kian ruhig, „sind neue Handynummern. Komplett neu. Ohne Übernahme. Ohne Spuren.“
Elysia nickt. „Damit uns niemand finden kann.“
„Ja.“ Er legt seine Hand über ihre. „Nicht einmal Hannah und Ben bekommen die Nummer sofort. Erst, wenn wir sicher sind.“
Elysia schluckt. Es tut weh – aber sie weiß, dass es der einzige Weg ist.
„Wir machen das heute noch“, sagt sie leise.
Kian lächelt. „Gut.“
Elysia blickt aus dem Fenster. Die Stadt wirkt freundlich, klein, ruhig. „Diese Stadt… gefällt mir“, sagt sie überraschend offen.
Kian hebt eine Augenbraue. „Schon entschieden?“
Sie lacht leise. „Nein. Aber… es fühlt sich nicht falsch an.“
Kian lehnt sich zurück, überlegt. „Wir könnten uns heute ein paar Wohnungen anschauen. Oder zumindest Viertel ablaufen.“
„Ein Airbnb für die ersten Tage suchen“, ergänzt Elysia. „Und dann schauen, ob es sich richtig anfühlt.“
Kian nickt zustimmend – und findet es schön, wie entschlossen sie wirkt.
Elysia atmet tief durch. „Ich will irgendwann wieder arbeiten. Vielleicht in einer Bäckerei oder Konditorei… aber erst, wenn wir uns eingelebt haben.“
Kian lächelt. „Die werden dich überall mit Kusshand nehmen.“
Elysia schmunzelt. „Hoffentlich.“
„Und ich kann remote arbeiten“, sagt Kian. „Zumindest eine Zeit lang. TechSphere weiß, dass ich spontan unterwegs sein kann. Wir haben flexible Strukturen.“
„Das wäre perfekt“, sagt sie mit spürbarer Erleichterung. „Dann muss nicht alles sofort perfekt sein.“
„Es muss nur eines sein“, sagt er sanft. „Unser.“
Elysia nimmt seine Hand, umfasst sie mit beiden Händen. Ihre Stimme wird warm, fast flüsternd: „Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas mache… alles zurücklassen… fliehen… und trotzdem fühlt es sich nicht wie Flucht an.“
„Sondern?“
Sie sieht ihm fest in die Augen. „Wie ein Anfang.“
Kian lächelt sanft und hebt ihre Hand, um sie zu küssen. „Genau das ist es.“
Sie trinken weiter, teilen einen Croissant, lachen sogar ein bisschen – kleine, vorsichtige, aber echte Momente von Hoffnung.
Draußen ziehen Menschen vorbei. Niemand von ihnen weiß, wer sie sind. Niemand fragt. Niemand beobachtet sie.
Es ist… Freiheit.
Und zum ersten Mal seit langer Zeit atmet Elysia ohne Angst.